Von der Werkbank zum digitalen Imperium: Wie Christian Otto Grötsch dotSource zur größten inhabergeführten Digitalagentur Deutschlands formte

Mit über 500 Mitarbeitern und einem Umsatz von 37 Millionen Euro ist die dotSource SE heute die größte inhabergeführte Digitalagentur Deutschlands. Doch der Weg dorthin begann in einer Zeit, als das Internet noch in den Kinderschuhen steckte und Google gerade erst gegründet wurde.

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Der frühe Digitalpionier

Als 19-jähriger Softwareentwickler startete Christian Otto Grötsch seine Karriere bei einem Onlineauktionshaus in Gera - zu einer Zeit, als es weder eBay noch Google gab. Seine ersten Erfahrungen sammelte er in der Hochphase der New Economy bei Intershop, einem der ersten großen Digital-Player Deutschlands. Nach dem Platzen der Dotcom-Blase studierte er Internet Business Engineering in Jena, während er weiterhin als Entwickler arbeitete.

2006 wagte Christian Grötsch zusammen mit seinem Partner Christian Malik den Schritt in die Selbstständigkeit. "Wir haben im Prinzip dann uns selber ein Projekt verkauft als Softwareentwickler. Und haben dann Freitag immer Geschäftsführertag gehabt", erinnert er sich an die Anfänge.

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Klare strategische Entscheidungen

Eine der wichtigsten frühen Weichenstellungen war die Fokussierung auf große Unternehmenskunden. "Es gibt hier im Osten keine relevante Schicht von Unternehmen, die unsere Dienstleistungen bezahlen wollen", erkannte Christian schnell. Statt sich auf den regionalen Markt zu beschränken, definierte dotSource die "Banane zwischen Zürich und Hamburg" als Zielgebiet.

Eine weitere zentrale Entscheidung war die konsequente Ausrichtung auf Dienstleistung statt Produktentwicklung. "Du musst dich im Prinzip entscheiden, ist dein Geschäftsmodell Dienstleistung oder Standard-Softwareentwicklung", erklärt Christian. "Diese beiden Geschäftsmodelle kannst du nicht mischen."

Marketing als Wachstumsmotor

Von Anfang an investierte dotSource stark in Marketing und Markenaufbau. "Das können viele Ossis nicht. Oder wenn man davon weggeht von den Ossis, das können insbesondere viele Ingenieure nicht", so Christian. Heute arbeiten 30 Marketingexperten mit einem Jahresbudget von 1,2 Millionen Euro daran, die Marke dotSource weiterzuentwickeln.

Das Unternehmen baut dabei auf einen systematischen Marktansatz: "Es gibt in Deutschland ungefähr 80.000 Unternehmen, die groß genug sind, dass sie unsere Dienstleistung kaufen können. Davon vielleicht 40.000 von Branchen, die wir mögen", erklärt er die strategische Zielgruppenanalyse.

Verantwortung für die Region

Trotz der überregionalen Ausrichtung fühlt sich dotSource stark mit dem Standort Jena verbunden. Mit dem geplanten dotSource Campus - einem 80-100 Millionen Euro Projekt - schafft das Unternehmen nicht nur moderne Arbeitsplätze, sondern investiert auch in die Stadtentwicklung. "Das ist dann wie eine kleine Stadt in der Stadt", beschreibt Christian seine Vision für das Projekt mit 10.000m² Bürofläche, Wohnungen und kultureller Infrastruktur.

Darüber hinaus engagiert sich das Unternehmen stark in der akademischen Ausbildung und hat mehrere Stiftungsprofessuren an der Universität Jena initiiert. Als Vorstandsvorsitzender des neu gegründeten Jena Digital e.V. treibt er zudem die Vernetzung der regionalen Digitalwirtschaft voran.

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Optimistischer Blick nach vorne

Bemerkenswert ist Christian Grötschs Haltung zur ostdeutschen Identität: "Lasst den Ossi-Komplex weg", rät er der nächsten Unternehmergeneration. "Wenn du dich darauf konzentrierst, dass du zu kurz gekommen bist, das schafft ja nur Bitterness. Du brauchst ja aber Optimismus und Glauben an die Zukunft."

Er sieht in den ostdeutschen Bundesländern sogar besondere Vorteile für Gründer: "Es ist ein toller Ort, Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt zu gründen. Hier arbeiten tolle Menschen. Und hier kann man ziemlich gut nach vorne kommen." Besonders hebt er das progressive Mindset der Region hervor, etwa bei Themen wie Gleichberechtigung und moderner Arbeitskultur.

Vision für die Zukunft

Mit aktuell über 500 Mitarbeitern ist das Ende der Entwicklung noch lange nicht erreicht. Das nächste große Ziel: 1.000 Mitarbeiter bis 2030. Durch die Umwandlung in eine SE und die Eröffnung des ersten internationalen Standorts in Rijeka bereitet sich dotSource auf weiteres Wachstum vor.

Dabei bleibt Christian Grötsch seiner bodenständigen Art treu: "Im Rahmen kann ich kein Boot kaufen für 5 Millionen und auch keine Finca in Mallorca. Aber ich kann dreimal im Jahr schön in Urlaub fahren. Ich kann ein schönes Auto fahren. Ich kann in Restaurant gehen, ohne schlechtes Gewissen zu haben. In dem Maße bin ich glücklich."

Die Geschichte von dotSource zeigt exemplarisch, wie aus einer mutigen Gründung in der ostdeutschen Provinz ein international erfolgreiches Digitalunternehmen entstehen kann - wenn man klare strategische Entscheidungen trifft, konsequent in die eigene Marke investiert und dabei nie die Verantwortung für die eigene Region aus den Augen verliert.

 

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Sebastian Meier

Als Brückenbauer zwischen Innovation und Tradition prägt Sebastian Meier die Zukunft des ostdeutschen Unternehmertums. Seine außergewöhnliche Expertise wurzelt in zwei Welten: Als ehemaliger Leiter des Thüringer Zentrums für Existenzgründungen erkannte er die Bedeutung starker Netzwerke und brachte erstmals die relevanten Akteure der Gründungsszene an einen Tisch. Diese neugeschaffenen Synergien zwischen Wirtschaft, Forschung und Förderung wirken bis heute nach. Als Gründer führte er selbst die myGermany GmbH von der Startup-Vision zum erfolgreichen internationalen Bestandsunternehmen.

Diese einzigartige Kombination aus Startup-DNA und Institutionserfahrung macht ihn zum gefragten Sparringspartner für Unternehmer und Innovatoren. Mit EASTSIDE HEROES verfolgt er heute eine klare Mission: Die Transformation Ostdeutschlands zum dynamischen Wirtschaftsstandort der Zukunft. Sein 15 Jahre aufgebautes Netzwerk aus über 500 aktiven Unternehmenskontakten nutzt er, um etablierte Player mit innovativen Scale-ups zu verbinden und echte Wertschöpfung zu generieren.

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