Shortbreak mit Jessika Fichtel: Wie Gemeinschaft und Genossenschaften lokale Strukturen neu beleben

In unserem neuen Format “Shortbreak” stellen wir via Interview spannende Projekte und Persönlichkeiten vor. In der ersten Folge spreche ich mit Jessika Fichtel – Autorin, Bloggerin und Unternehmerin aus Thüringen – über ihren spannenden Weg in die Selbstständigkeit und darüber, wie sie aus Leidenschaft eine Marke und starke Netzwerke aufgebaut hat. Was als lokaler Blog „Feels Like Erfurt“ begann, entwickelte sich schnell zu einem erfolgreichen Projekt, das Jessika zur Autorin von fünf Büchern machte. Die Essenz? Sichtbarkeit, Authentizität und der Mut, eigene Geschichten zu teilen. „Ich habe von Anfang an gesagt, dass ich keine gebürtige Erfurterin bin – und genau das machte mich authentisch“, erinnert sich Jessika.

EASTSIDE HEROES Shortbreak mit Jessika Fichtel aus Eisenach. Foto: ESH

Der Start in die Selbstständigkeit: Wie alles mit einem Blog begann

„Ich bin direkt nach meinem Studium in die Selbstständigkeit gestartet“, erzählt Jessika zu Beginn des Gesprächs. Der Blog „Feels Like Erfurt“, den sie 2015 ins Leben rief, war dabei ein entscheidender Meilenstein. Die Plattform bot ihr nicht nur die Möglichkeit, ihre Leidenschaft für das Schreiben mit einer großen Leserschaft zu teilen, sondern diente auch als Sprungbrett für weitere Projekte. Ihr erstes Buch „Glücksorte in Erfurt“, das 2017 erschien, entstand als direkte Folge des Blogs. „Das war für mich ein richtiger Boost – die Vernetzung war der Schlüssel zu allem“, sagt Jessika rückblickend. Durch die Präsenz im digitalen Raum konnte sie Kontakte knüpfen, die sie nicht nur in ihrer Karriere, sondern auch in ihrer Heimatstadt Erfurt verankerten.

Jessika erzählt, wie sie sich als Zugezogene in Erfurt eine Community aufbaute. Diese Offenheit, die sie als „Neuling“ in der Stadt zeigte, war ein entscheidender Faktor für den Erfolg des Blogs: „Ich habe von Anfang an gesagt, ich bin keine gebürtige Erfurterin – und genau das machte mich authentisch“, erklärt sie. Diese Authentizität war der Grundstein für den Aufbau eines Netzwerks, das weit über den digitalen Raum hinauswuchs.

Vom Blog zur Buchautorin: Ein Sprungbrett für neue Projekte

Während „Feels Like Erfurt“ ihr den Weg in die Öffentlichkeit ebnete, folgten bald weitere Projekte. Jessika hat mittlerweile fünf Bücher veröffentlicht, darunter Reiseführer und Fachbücher für Freelancer. Doch der Weg dorthin war nicht immer leicht. Sie spricht offen über die Herausforderungen der Selbstständigkeit, die anfangs von Unsicherheiten und finanziellen Hürden geprägt war. „In den ersten Jahren habe ich oft für wenige Cent pro Wort gearbeitet – das war Selbstausbeutung, aber ich habe daraus gelernt“, reflektiert sie im Gespräch. Für sie war dieser Prozess wichtig, um sich als Unternehmerin zu entwickeln und ihren Wert auf dem Markt zu verstehen.

Auch der Bucherstellungsprozess ist für Jessika mehr als nur Schreiben. „Das ist nicht mal eben nach Feierabend gemacht. Du musst bereit sein, viel Zeit und Herzblut zu investieren“, sagt sie. Neben dem Schreiben übernimmt sie die Konzeption, Recherche und oft auch die Fotografie selbst. Ihr erstes Buch, „Glücksorte in Erfurt“, entstand, nachdem sie durch ihren Blog von einem Verlag angesprochen wurde. In nur einem Jahr war das Buch fertiggestellt – ein intensiver Prozess, den sie heute als einen wichtigen Meilenstein in ihrer Karriere bezeichnet.

Der Umzug nach Eisenach und die Weitergabe von „Feels Like Erfurt“

2019 entschied sich Jessika, ihren Lebensmittelpunkt nach Eisenach zu verlegen. Damit endete auch ihre aktive Zeit bei „Feels Like Erfurt“. Den Blog übergab sie in gute Hände: Annika Luthardt, eine Kollegin und gute Freundin, führt das Projekt seitdem weiter. „Ich bin sehr stolz darauf, dass das Blogprojekt von Annika so gut und professionell weitergeführt wird“, erzählt Jessika. Obwohl sie heute nicht mehr aktiv an „Feels Like Erfurt“ beteiligt ist, hat dieser Schritt den Grundstein für viele ihrer anderen Projekte gelegt, darunter ihre Bücher und ihre Beteiligung an der Gründung einer Genossenschaft.

Die Genossenschaft als Erfolgsmodell: Das Kulturhaus Neukirchen

Eines der spannendsten Projekte, das Jessika gemeinsam mit anderen Initiatoren heute betreibt, ist das Kulturhaus in Neukirchen. Neukirchen ist ein kleiner Ortsteil von Eisenach, in dem sich das Kulturhaus über viele Jahre hinweg zu einem zentralen Treffpunkt für die Dorfgemeinschaft entwickelt hat. Doch mit der Zeit wurde es immer schwieriger, das Kulturhaus zu erhalten. Als der letzte Pächter das Kulturhaus während der Corona-Pandemie aufgab, stand das Gebäude vor dem Verfall. „Es war klar, wenn nichts passiert, wird das Kulturhaus verfallen“, erinnert sich Jessika. Doch statt das Gebäude aufzugeben, gründete sie gemeinsam mit anderen Dorfbewohnern eine Genossenschaft, um das Haus zu retten.

„Die Idee der Genossenschaft entstand aus der Gemeinschaft heraus – vier Dorfbewohner saßen bei einem Bier zusammen und fragten sich, wie sie das Kulturhaus erhalten können“, erzählt Jessika. Durch den Austausch mit einer ähnlichen Initiative aus der Region, die bereits erfolgreich eine Genossenschaft gegründet hatte, entstand die Idee, dieses Modell auch in Neukirchen anzuwenden. Heute ist das Kulturhaus nicht nur gerettet, sondern ein Ort für Veranstaltungen, Workshops und Coworking geworden. „Es ist toll zu sehen, wie viel Engagement in so ein Projekt fließt und wie dankbar die Menschen sind, dass hier etwas entsteht“, sagt Jessika.

Gemeinschaftsorientiertes Unternehmertum: Ein Modell für die Zukunft

Die Genossenschaft bietet nicht nur einen rechtlichen Rahmen, sondern auch finanzielle Sicherheit. „Durch die Beiträge der Mitglieder haben wir eine finanzielle Basis geschaffen, die uns unabhängig von Fördergeldern macht“, erklärt Jessika. Doch die Genossenschaft ist mehr als nur eine Finanzierungsstruktur – sie steht für gemeinschaftliches Handeln und Zusammenarbeit. „Jeder, der sich beteiligen möchte, kann das tun – es ist ein echtes Gemeinschaftsprojekt“, betont sie.

Im Kulturhaus selbst ist bereits jetzt ein breites Programm entstanden. Neben klassischen Veranstaltungen wie Theaterabenden und Konzerten gibt es kreative Workshops, Bastelkurse für Kinder und sogar Coworking-Angebote. Besonders stolz ist Jessika darauf, dass auch Firmen aus der Region das Kulturhaus für Seminare und Team-Workshops nutzen können. „Wir wollen, dass das Kulturhaus ein lebendiger Ort ist, der für alle Generationen und Bedürfnisse offensteht“, erklärt sie.

Was andere von Jessikas Genossenschaft lernen können

Jessikas Geschichte zeigt eindrucksvoll, wie gemeinschaftliches Unternehmertum funktionieren kann – und dass es oft Mut braucht, neue Wege zu gehen. Die Genossenschaft als Geschäftsmodell bietet viele Vorteile, insbesondere in ländlichen Regionen. Sie ermöglicht es, lokale Strukturen zu erhalten, wirtschaftliche Perspektiven zu schaffen und gleichzeitig das soziale Miteinander zu stärken. Jessika betont, wie wichtig es ist, alle Beteiligten aktiv einzubinden und individuelle Fähigkeiten optimal zu nutzen. „Es ist beeindruckend zu sehen, wie viel Eigeninitiative und Motivation in der Gemeinschaft steckt, wenn es um den Erhalt und die Weiterentwicklung lokaler Strukturen geht.“

Wer sich für die Gründung eines ähnlichen Genossenschaftsprojekts interessiert oder konkrete Fragen zur Umsetzung hat, kann sich gerne bei EASTSIDE HEROES oder direkt bei Jessika Fichtel melden. Jessika und das Team von EASTSIDE HEROES stehen für einen offenen Austausch zur Verfügung und unterstützen andere gerne dabei, eigene Projekte erfolgreich auf den Weg zu bringen.

Die Geschichte von Jessika Fichtel zeigt, dass es oft die einfachen, aber mutigen Schritte sind, die zu nachhaltigem Erfolg führen. Ob als freiberufliche Autorin, Bloggerin oder Unternehmerin – Jessika hat immer wieder bewiesen, dass Vernetzung, Authentizität und der Gemeinschaftssinn die Eckpfeiler erfolgreicher Projekte sind. Ihre Genossenschaft und das Kulturhaus Neukirchen sind ein inspirierendes Beispiel dafür, wie gemeinschaftliches Unternehmertum in ländlichen Regionen nicht nur möglich, sondern auch zukunftsweisend sein kann. Wer mehr über Jessikas Arbeit erfahren und in die Welt des gemeinschaftlichen Unternehmertums eintauchen möchte, sollte sich die aktuelle Shortbreak-Folge von EASTSIDE HEROES nicht entgehen lassen.

Moritz

Moritz ist Mitgründer von EASTSIDE HEROES und der E-Commerce-Marke “No Coffee”. Zuvor war er CEO der Influencer-Marketing-Software IROIN®. Mit seiner Expertise im Digital- und Influencer-Marketing sowie in SaaS-Geschäftsmodellen treibt er die digitale Transformation und Vernetzung von Unternehmen in Ostdeutschland voran. Er hat ein tiefes Verständnis für die Herausforderungen und Chancen der Region und setzt sich leidenschaftlich dafür ein, Ostdeutschland als dynamischen Wirtschaftsstandort zu etablieren und innovative Lösungen voranzutreiben.

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