Zukunftsgestaltung mit wissenschaftlicher Methodik: Was wir von Ostdeutschlands Visionären lernen können

 

In einer Zeit, in der Zukunftsängste den gesellschaftlichen Diskurs dominieren, wirken die Worte von Sven Gábor Jánszky wie ein erfrischender Gegenentwurf: "Die Wahrscheinlichkeit, dass unsere Kinder in einer besseren Welt leben werden als wir, ist viel höher als das Gegenteil – egal was Politik, Medien oder Lehrer in der Schule erzählen." Der Zukunftsforscher, Unternehmer und Investor mit ostdeutschen Wurzeln gibt uns einen Einblick in eine Welt, die von exponentiellen technologischen Entwicklungen, wissenschaftlicher Zukunftsplanung und überraschenden Perspektivwechseln geprägt ist.

 

Die Wissenschaft der Zukunft

Was viele überraschen mag: Zukunftsforschung ist keine Kaffeesatzleserei oder das Fantasieren von Science-Fiction-Szenarien, sondern eine fundierte wissenschaftliche Disziplin. "Heute studierst du das einfach. Es gibt Studiengänge in Berlin beispielsweise. Der wichtigste deutsche Studiengang ist in Berlin an der FU", erklärt Jánszky. Mittlerweile kann man Zukunftsforschung weltweit studieren – in Singapur, Kopenhagen, Tokio oder Hawaii.

Die Methodik dahinter ist überraschend strukturiert: Zunächst identifiziert man die relevanten Akteure, die mit ihren heutigen Entscheidungen die Entwicklung einer Branche oder eines Geschäftsmodells beeinflussen. Nach umfassenden Interviews mit diesen Schlüsselpersonen entsteht eine Sammlung von Prognosen. In einer zweiten Interviewwelle werden diese Prognosen bewertet, wodurch Wahrscheinlichkeiten entstehen. Das Ergebnis: Eine wissenschaftlich fundierte Zukunftsprognose.

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Der dreistufige Weg zur persönlichen Zukunftsplanung

Besonders wertvoll ist Jánszkys Einblick in die konkrete Methodik der Zukunftsplanung, die er in drei Schritten zusammenfasst:

  1. Umfeldanalyse: Wie wird mein Umfeld in den nächsten fünf bis zehn Jahren aussehen?

  2. Potenzialanalyse: Wie muss ich in fünf Jahren positioniert sein, um von dieser Entwicklung maximal zu profitieren?

  3. Wegplanung: Welche konkreten Schritte muss ich heute beginnen, um dorthin zu gelangen?

Diese Methodik stand bisher nur großen Unternehmen zur Verfügung, die bereit waren, dafür erhebliche Summen zu investieren. "Was wir jetzt gemacht haben, wir haben diese Methode in kleine Schnipsel runtergebrochen und in ein Format gebracht, was wir Mentoring nennen", erklärt der Zukunftsforscher sein neuestes Projekt, durch das diese wertvolle Methodik einem breiteren Publikum zugänglich wird.

Blinder Fleck im deutschen Innovationsdenken

Eine besonders aufschlussreiche Erkenntnis betrifft unseren Umgang mit Innovation in Deutschland. "Wir Deutschen sind supergut im Analysieren von heutigen Stärken und Schwächen und ein bisschen daran rumschrauben. Aber wir sind mega schlecht in wirklicher Zukunft, in wirklicher Zukunftsplanung", konstatiert Jánszky.

Der fundamentale Fehler: "Wir vertrauen den Möglichkeiten der Zukunft weniger als unseren Erfahrungen aus der Vergangenheit." Dabei entstehe Zukunft nie aus den Erfahrungen der Vergangenheit, sondern immer aus den neuen Möglichkeiten, die vor uns liegen.

Diese Einsicht ist besonders relevant für den Standort Deutschland, der bei vielen zukunftsweisenden Technologien den Anschluss zu verlieren droht: Künstliche Intelligenz, Quantencomputing, Kernfusion und synthetische Biologie. In diesen Bereichen investiert Jánszky selbst über seine drei Investmentfonds.

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Das besondere Potenzial Ostdeutschlands

Als gebürtiger Leipziger macht Jánszky eine interessante Beobachtung zum besonderen Mindset vieler Ostdeutscher: "Was ich an Leipzig mag, sind Menschen, die sich Dinge zutrauen, die eigentlich nicht gehen." Er sieht Parallelen zwischen dem Größenwahn Leipzigs – ob bei der friedlichen Revolution 1989, der Olympiabewerbung oder dem Durchmarsch von RB Leipzig in die Champions League – und den Innovationsdynamiken im Silicon Valley, in Dubai oder China.

Diese Bereitschaft, das vermeintlich Unmögliche zu versuchen, ist genau das Denken, das für echte Innovationen und Zukunftsgestaltung notwendig ist. Besonders bemerkenswert ist Jánszkys Analyse zur wirtschaftlichen Weiterentwicklung:

"Wir haben hier im Osten fast 50 Prozent Menschen, die unzufrieden sind. Die einen wählen da rechts, die anderen wählen da links. Wusch, die sind unzufrieden mit dem, was es gibt." Statt diese Unzufriedenheit als Problem zu sehen, erkennt er darin ein ungenutztes Potenzial. Denn: "Ein wirkliches Wachstum, ein Wirtschaftswunder entsteht durch Leute, die daran arbeiten, dass es ihren Kindern besser gehen soll."

Die Elemente eines neuen Wirtschaftswunders

Anhand historischer Beispiele – vom deutschen Wirtschaftswunder über Silicon Valley bis zum Aufstieg Chinas – identifiziert Jánszky fünf zentrale Elemente, die für einen wirtschaftlichen Aufschwung notwendig sind:

  1. Menschen, die motiviert sind, für eine bessere Zukunft zu arbeiten

  2. Eine aufstrebende Technologie (früher Verbrennungsmotor, heute KI, Quantencomputer oder Kernfusion)

  3. Niedrige regulatorische Hürden

  4. Kostenlose Infrastruktur

  5. Ausreichend Kapital

Diese Analyse bietet nicht nur Einblicke in vergangene Erfolgsgeschichten, sondern zeigt auch auf, warum Deutschland derzeit Schwierigkeiten hat, wieder in eine Wachstumsdynamik zu kommen – und wo angesetzt werden könnte.

Globaler Perspektivwechsel

Besonders eindrucksvoll sind Jánszkys Berichte von seinen weltweiten Reisen. Bei einem Abendessen mit einem Vorstand von Huawei erfuhr er von einem chinesischen Auto, das dem großen SUV von BMW nachempfunden ist – zum halben Preis und vollständig von Robotern gebaut.

Auf die Frage, warum dieses Auto noch nicht in Europa vermarktet wird, erhielt er eine überraschende Antwort: "Wir wissen, eure Autoindustrie geht es im Augenblick gerade echt schlecht und wir wollen nicht noch Öl ins Feuer gießen, weil wir Chinesen sind immer Yin und Yang, so auf Balance und Harmonie bedacht. Ihr seid für uns ein sehr, sehr wichtiger Partner und wir wollen nicht, dass es euch schlechter geht."

Diese Perspektive steht in starkem Kontrast zum vorherrschenden Narrativ über China in deutschen Medien und zeigt, wie wertvoll ein direkter Austausch jenseits etablierter Denkmuster sein kann.

Die Lösung zentraler Zukunftsprobleme

Auf die Frage nach den großen Problemen der Menschheit gibt Jánszky eine klare Einschätzung: Das Energieproblem ist das zentrale Problem, da mit ausreichend Energie alle anderen Herausforderungen lösbar werden – von der Nahrungsmittelproduktion über Wassermangel bis zum Klimawandel.

"Es gibt eine echt hohe Wahrscheinlichkeit, dass wir das bis 2040 gelöst haben durch diese Kernfusion", prognostiziert er und erklärt, wie besonders die laserinduzierte Kernfusion (nicht die thermische Kernfusion, an der China stark arbeitet) zum Durchbruch führen könnte.

Dies könnte eine Welt ermöglichen, in der "zum ersten Mal in der Geschichte der Menschheit mehr Energie zur Verfügung steht, als die Welt verbrauchen kann" – eine fundamentale Veränderung, die viele geopolitische Konflikte entschärfen könnte.

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Fazit: Den Blick nach vorn richten

Was können wir als Einzelpersonen, Unternehmer oder Entscheider aus diesen Erkenntnissen mitnehmen? Jánszkys Botschaft ist klar: Wir müssen aufhören, nur an der Vergangenheit "herumzuschrauben" und stattdessen den Mut haben, die neuen Möglichkeiten der Zukunft zu ergreifen.

Für Ostdeutschland liegt eine besondere Chance darin, aus dem vorhandenen Innovationsgeist und der Bereitschaft zum Querdenken Kapital zu schlagen. Statt die vorhandene Unzufriedenheit zu bekämpfen, könnte sie in positive Energie für Veränderung umgewandelt werden.

Die wissenschaftliche Methodik der Zukunftsforschung bietet dabei einen verlässlichen Kompass, um nicht nur zu reagieren, sondern aktiv zu gestalten. Der Schlüssel liegt darin, nicht unsere Vergangenheit zu optimieren, sondern mutig eine neue Zukunft zu entwerfen.

Mit diesem Mindset könnten wir nicht nur technologisch wieder anschlussfähig werden, sondern auch eine Vision entwickeln, die es uns erlaubt, mit Zuversicht in die Zukunft zu blicken – für uns selbst und besonders für die nächsten Generationen.

 

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Sebastian Meier

Als Brückenbauer zwischen Innovation und Tradition prägt Sebastian Meier die Zukunft des ostdeutschen Unternehmertums. Seine außergewöhnliche Expertise wurzelt in zwei Welten: Als ehemaliger Leiter des Thüringer Zentrums für Existenzgründungen erkannte er die Bedeutung starker Netzwerke und brachte erstmals die relevanten Akteure der Gründungsszene an einen Tisch. Diese neugeschaffenen Synergien zwischen Wirtschaft, Forschung und Förderung wirken bis heute nach. Als Gründer führte er selbst die myGermany GmbH von der Startup-Vision zum erfolgreichen internationalen Bestandsunternehmen.

Diese einzigartige Kombination aus Startup-DNA und Institutionserfahrung macht ihn zum gefragten Sparringspartner für Unternehmer und Innovatoren. Mit EASTSIDE HEROES verfolgt er heute eine klare Mission: Die Transformation Ostdeutschlands zum dynamischen Wirtschaftsstandort der Zukunft. Sein 15 Jahre aufgebautes Netzwerk aus über 500 aktiven Unternehmenskontakten nutzt er, um etablierte Player mit innovativen Scale-ups zu verbinden und echte Wertschöpfung zu generieren.

Als Nerd für Künstliche Intelligenz und Automatisierung berät Sebastian regelmäßig Unternehmen bei ihrer digitalen Transformation.

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