Der Futter-Dealer: Wenn Passion und Programmierung auf Hundeernährung treffen
© Christopher Bauer
In der beschaulichen Ortschaft Nesse-Apfelstädt bei Erfurt verbindet Christopher Bauer zwei scheinbar gegensätzliche Welten: die analytische Präzision eines Programmierers und die leidenschaftliche Fürsorge eines Hundebesitzers. Mit seinem Unternehmen "Futter-Dealer" revolutioniert er die Ernährung von Vierbeinern in Thüringen und darüber hinaus – ein Gespräch über Unternehmertum, artgerechte Tierernährung und den Mut, einfach zu machen.
Ein ungewöhnlicher Weg zum Unternehmer
Wenn man Christopher Bauer nach seiner Gründungsgeschichte fragt, beginnt er nicht etwa mit einem durchdachten Businessplan oder einer Vision, die er seit Jahren verfolgt hat. Stattdessen erzählt er von seinem Hund Boomer, einer Old English Bulldog mit zahlreichen Allergien.
"Unser Hund ist hochallergisch. Der darf kein Rind, der darf kein Getreide, der hat Futtermilbenallergie, hat Entenallergie", erklärt Chris. Die Suche nach geeignetem Futter für seinen vierbeinigen Freund gestaltete sich schwierig. Der bisherige Lieferant stellte den Betrieb ein, und andere Anbieter konnten qualitativ nicht überzeugen. Aus dieser Not heraus entstand die Idee zum eigenen Unternehmen.
Diese pragmatische Herangehensweise zieht sich wie ein roter Faden durch Christophers Karriere. Bereits mit 14 Jahren begann er, sich das Programmieren selbst beizubringen. Nach einer schulischen Ausbildung arbeitete er im öffentlichen Dienst und privaten Sektor, bevor er 2016 den Sprung in die Selbstständigkeit wagte – mit einem bemerkenswerten Selbstvertrauen.
"Ich saß im Büro und habe über den Mittag gekündigt", erinnert er sich. "Jeden Tag hatte ich drei Anfragen für Freelancer. Ich habe einfach gedacht: Ich mache das jetzt, es wird schon irgendwas passen." Diese Entscheidung sollte sich auszahlen. Bereits am ersten Tag seiner "Arbeitslosigkeit" erhielt er einen Auftrag von Netto Marken-Discount.
BARF: Zurück zu den Wurzeln der Hundeernährung
Der "Futter-Dealer" steht für ein spezielles Ernährungskonzept: BARF – Biologisch Artgerechte Rohfleischfütterung. "Das ist Ernährung, so wie der Wolf sich damals ernährt hat: Fleisch, Gemüse, Obst in geringem Maß, keine Zusatzstoffe, keine Füllstoffe, keine Lockmittel, wie es die Industrie halt macht", erklärt Chris.
Im Gegensatz zu industriell gefertigtem Trockenfutter orientiert sich BARF an der natürlichen Ernährung von Kaniden. Dabei folgt man der 80-20-Regel: 80% Fleisch und 20% pflanzliche Bestandteile. "Tatsächlich brauchen Hunde auch Obst und Gemüse. Die brauchen ja auch die Ballaststoffe, Vitamine und Faserstoffe, die der Darm zum Arbeiten benötigt", erläutert der Unternehmer.
Besonders kritisch sieht Christopher die gängige Praxis vieler Züchter, Welpenpakete von Industrieherstellern an neue Hundebesitzer weiterzugeben. "Da sehe ich einen ganz großen Faktor, der für Otto-Normalverbraucher schwierig ist. Du gehst hin und denkst, dein Züchter ist der Mensch, der dich an den Hund heranführt. Dann bekommst du dieses Paket und denkst, das wird schon passen."
Doch in diesen Fertigprodukten stecken häufig viele Füllstoffe und Zusätze, die für Hunde nicht optimal sind. Besonders für Welpen könne das problematisch sein: "In der oralen Phase wird der Hund eigentlich langsam darauf aufgebaut, was er frisst. Das Mikrobiom muss aufgebaut werden. Das Problem bei Trockenfutter ist: Da ist alles drin. Du bombardierst den Darm – nimm alles sofort, jetzt, hier, und vertrage es."
Technik trifft Tierwohl
Was den "Futter-Dealer" von anderen BARF-Anbietern unterscheidet, ist die technische Expertise seines Gründers. Christopher hat nicht nur einen Webshop aufgesetzt, sondern ein durchdachtes System entwickelt, das die Kundenerfahrung optimiert.
"Wenn sich ein Kunde registriert, gibt er seine Postleitzahl ein, und wir machen dahinter eine Berechnung mit Google Maps. Dann sehen wir, wie weit er weg wohnt und können sagen: Du bist in unserem Liefergebiet, wir würden dich persönlich beliefern", erklärt er.
Darüber hinaus hat er einen BARF-Rechner programmiert, der Kunden die individuelle Futterzusammenstellung erleichtert. Auch für die Routenplanung seiner Lieferfahrten und die Bestandsverwaltung hat Chris eigene Tools entwickelt. "Ich habe mir ein Hersteller-Nachbestellungstool programmiert, das mir zeigt, wie viel ich in den letzten drei Monaten von einem Produkt verkauft habe."
Diese Verbindung aus IT-Expertise und Kundennähe macht Christopher zu einem ungewöhnlichen Unternehmer: "Normalerweise ist ein IT-ler überspitzt im Keller, Rollladen runter – das bin ich auch. Aber ich finde es spannend und mag es wirklich, wenn wir Öffnungszeiten haben zur Abholung oder wenn mich ein Kunde anruft. Das ist diese komplett andere Welt."
© Christopher Bauer; der Futter-Dealer Instagram Account
Der Mensch hinter der Marke
Für Christopher Bauer ist klar: "Menschen kaufen von Menschen." Daher legt er großen Wert darauf, nicht nur eine Marke, sondern auch sich selbst zu präsentieren. In seinen Social-Media-Kanälen teilt er Wissen über artgerechte Hundeernährung und gibt Einblicke in sein Unternehmen.
"Mir wurde früher gesagt, ich bin der Erklärbär", schmunzelt er. "Und so bin ich halt einfach. Ich finde es wichtig, dass die Leute mehr zum Thema erfahren."
Diese Authentizität spiegelt sich auch im Umgang mit seinen Kunden wider. "Mittlerweile sind viele meiner Kunden so eng, dass man auch private Sachen bespricht. Du gehst hin und schwatzt einfach mal 5-10 Minuten und nimmst dir die Zeit, weil der Mensch halt wichtig ist."
Dabei gilt sein Hauptaugenmerk stets dem Wohl der Tiere: "Als Mensch ist man dafür zuständig, dem Hund das zu geben, was er braucht und was er gut verträgt. Er kann ja nicht sagen: 'Ach, heute geh ich mal zum Dönermann, hol mir meinen schönen Döner.' Er frisst das, was in den Napf kommt."
© Christopher Bauer
Bootstrapping als Geschäftsmodell
Trotz des Wachstumspotenzials seines Unternehmens bleibt Christopher bodenständig. "Wir machen das wirklich Bootstrap. Ich habe damals das Ganze querfinanziert mit meiner Softwareentwicklung. Wir haben nie Fremdmittel angenommen, auch keine Bank oder sonst irgendwas", erklärt er stolz.
Sein Motto: "Wenn wir Geld haben, investieren wir das Geld. Wenn wir kein Geld haben, können wir nicht investieren." Stattdessen investiert er dann seine Zeit – in Softwareentwicklung, einen neuen BARF-Rechner oder andere Projekte, die das Unternehmen voranbringen.
Diese finanzielle Unabhängigkeit gibt ihm die Freiheit, seinen eigenen Weg zu gehen. Auf die Frage, was ihn dazu bringen könnte, den "Futter-Dealer" aufzugeben, antwortet er ohne zu zögern: "Könnte er nicht. Das ist eine Herzensangelegenheit. Ich würde eher den Job aufgeben. Es macht mir so unheimlich Spaß, und ich bin mein eigener Kunde. Wer kann das von sich sagen? Ich weiß, was ich brauche als Kunde, und ich kann als mein Dienstleister das umsetzen."
Herausforderungen und Zukunftsvisionen
Doch bei aller Leidenschaft stößt auch Christopher an Grenzen – vor allem zeitliche. Zwischen seiner Tätigkeit als Freelancer und dem "Futter-Dealer" bleibt wenig Raum für umfangreiche Marketingmaßnahmen. "Ein Video, das eine Minute geht, braucht locker zwei Stunden zur Produktion. Für eins", erklärt er.
Auch die Lagerkapazität ist begrenzt. Mit seinen aktuellen Tiefkühltruhen kann er nur eine bestimmte Menge an Produkten vorrätig halten. Für ein Abo-Modell, das er gerne einführen würde, fehlt noch der Platz.
Dennoch denkt er bereits über neue Technologien nach, die ihm Zeit sparen könnten. "Ich beschäftige mich auch mit Automation und KI. Es gibt mittlerweile genügend Tools, um stupide Arbeiten, die du immer und immer wieder machst, ein bisschen auszulagern."
Einfach machen
Was können andere Gründer von Christopher Bauer lernen? Seine Antwort kommt prompt und klar: "Machen! Komfortzonen verlassen. Ganz wichtig." Es ist dieser pragmatische Ansatz, der ihn auszeichnet – nicht endlos planen, sondern loslegen und anpassen.
"Ich bin so ein Typ: Wenn ich mich für etwas begeistere, dann bin ich auch dahinter und kümmere mich dann auch und treibe das so weit, bis es läuft", beschreibt er sich selbst. Diese Einstellung hat ihm nicht nur zu einem erfolgreichen Unternehmen verholfen, sondern auch zu einem erfüllten Berufsleben, in dem er seine Leidenschaften – Programmierung und Hundeernährung – miteinander verbinden kann.
Der "Futter-Dealer" ist mehr als ein Geschäft. Er ist das Ergebnis eines mutigen Schritts, der eigene Komfortzone zu verlassen, und der Bereitschaft, einfach zu machen. Christopher Bauer zeigt, dass der Schlüssel zum Erfolg nicht immer in aufwendigen Businessplänen oder großen Investitionen liegt, sondern manchmal schlicht im Mut, den ersten Schritt zu tun.